Drei Wochen lang von September bis Oktober präsentiert das Usedomer Musikfestival die Stars und Schätze der Musik des Ostseeraums. Jährlich wechselnde Länderschwerpunkte zeigen dann die ganze musikalische Vielfalt des Nordens Europas. An den besonderen Konzertorten der Insel Usedom lässt das Usedomer Musikfestival so die unvergleichliche Atmosphäre einer weltoffenen, den Staaten des Ostseeraums zugewandten Zwei-Länder-Insel erlebbar werden. Die musikalischen Reichtümer der Länder und Regionen, die das Meer verbindet, setzt die traditionsreiche Veranstaltungsreihe dafür in stimmungsvollen Kirchen, malerisch gelegenen Schlössern, den prachtvollen Bauten der Kaiserbäder oder in Mecklenburg-Vorpommerns größtem Industriedenkmal in Peenemünde in Szene. „Das Usedomer Musikfestival bringt nicht nur die Insel, sondern eine ganze Region zum Klingen. In der Tat ist die Kulturinsel Usedom Teil einer großen Familie, die das Baltische Meer eben nicht trennt, sondern verbindet“, sagte die deutsche Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel anlässlich der Feierlichkeiten zum 25-jährigen Jubiläum des Festivals.
Die Geschichte der Veranstaltungsreihe begann im Jahr 1994. Ziel war es damals, Gästen zu zeigen, wie schön die Insel auch im September, nach dem Ende der Schulferienzeit sein kann. Der Intendant des Usedomer Musikfestival Thomas Hummel gewann gleich zu Beginn Kurt Masur, Gewandhauskapellmeister in Leipzig und zugleich Chefdirigent des New York Philharmonic, als Schirmherrn. Der stellte zugleich eine Verbindung zur New Yorker Stiftung Young Concert Artists her. Von dort kamen Preisträger des gleichnamigen internationalen Wettbewerbs an den Strand der Pommerschen Bucht. Eine kleine transatlantische Brücke, die bis heute steht.
Seit 1999 etablierte sich das Usedomer Musikfestival als „Podium der Ostsee“: Jedes Jahr steht nun exklusiv ein Land des Ostseeraums für die Dauer einer Saison im Mittelpunkt des Programms – mit seiner Musik und seinen Musikern. Zehn Länder gehören zum Ostseeraum: Norwegen, Schweden, Dänemark, Deutschland, Polen, Litauen, Lettland, Estland, Russland und Finnland. Es sind große und kleine Länder dabei, Länder mit berühmten Musikern, Länder, die eher im Schatten anderer Berühmtheiten standen. Beim Usedomer Musikfestival bekommt jedes dieser Länder den gleichen Raum, die gleiche Aufmerksamkeit.
Dieses völkerverbindende Engagement wurde bereits durch zahlreiche Preise gewürdigt: 2006 mit dem Tryton Kulturpreis der Stadt Swinoujscie, 2012 erhielt das von Usedomer Musikfestival und der initiierte multinationale Orchester Baltic Sea Philharmonic die Ehrung „Ausgezeichneter Ort – Im Land der Ideen“, 2015 erhielt das Orchester als Botschafter des Ostseeraums den Europäischen Kulturpreis und in den Jahren 2015 bis 2018 trug das Usedomer Musikfestival das EFFE-Gütesiegel der Europäischen Union für sein „künstlerisches und gesellschaftliches Engagement mit internationaler und globaler Perspektive“.
Mit drei Wochen Programm ist das Usedomer Musikfestival eines der größten themengebundenen Musikfestivals weltweit, sagt Festivalintendant Thomas Hummel: „Themenfestivals dauern normalerweise nur vier bis sieben Tage und Langzeitfestivals verpflichten sich normalerweise auf keinen inhaltlichen Fokus. Das Usedomer Musikfestival, das sowohl in Polen, als auch in Deutschland zu Hause ist, ist in dieser Hinsicht eine Rarität.“
Einmalig in der deutschen Festivallandschaft sind auch die Peenemünder Konzerte. Gemeinsam mit dem Historisch-Technischem Museum und dem Norddeutschen Rundfunk nahm das Usedomer Musikfestival 2002 die Turbinenhalle des Kraftwerks Peenemünde als Konzertsaal in Betrieb. Wo früher Raketen entwickelt und getestet wurden, tost nun der Applaus. Im „Dritten Reich“ wurde in den damaligen Versuchsanstalten des Heeres und der Luftwaffe Peenemünde an der Entwicklung von „Geheimwaffen“ gearbeitet – darunter das Aggregat 4 („V2“), die erste Großrakete der Welt. Sie brachte den Tod für viele tausend Menschen, mit ihr gelang aber auch der erste erfolgreiche Start in den Weltraum. Heute ist Peenemünde mit dem Museum im Kraftwerk, Kulturveranstaltungen, Sonderausstellungen, Projekttagen, Workshops und Workcamps ein Ort internationaler Begegnung und Friedenspädagogik.
Unter der Leitung von Mstislaw Rostropowitsch und mit über 250 beteiligten Musikern erklang Benjamin Brittens „War Requiem“ in der Turbinenhalle des früheren Kraftwerks. Seitdem konnten Dirigenten von Weltrang verpflichtet werden. Kurt Masur, 2012 zum Ehrenschirmherrn des Usedomer Musikfestivals ernannt, gab hier drei seiner letzten Konzerte und zwei internationale Meisterklassen für junge Dirigenten. Krzysztof Penderecki, Esa-Pekka Salonen, Alan Gilbert, Andris Nelsons, Christoph Eschenbach, Jan Lisiecki, Gidon Kremer, Kurt Masur † und Neeme Järvi, Paavo Järvi und Kristjan Järvi und viele mehr befestigten den hohen musikalischen Anspruch der Peenemünder Konzerte.
Seit 2005 bereichert ein Kleinod der Insel das Festival: das Schloss der gräflichen Familie von Schwerin in Stolpe, ganz im Süden am Stettiner Haff gelegen. Gemeinsam mit dem Stolper Schlossverein, dem Norddeutschen Rundfunk und dem Tonkünstlerverband Mecklenburg-Vorpommern hat das Usedomer Musikfestival das Ostsee-Musikforum ins Leben gerufen. Der aus Litauen stammende Cellist David Geringas versammelt Jahr für Jahr hochbegabte Meisterschüler um sich und präsentiert die Ergebnisse gemeinsamer Arbeit in einem Konzert.
Im Jahr 2008 ging des Usedomer Musikfestival einen großen Schritt in die weite Welt: Es gründete das Baltic Sea Philharmonic. Der aus Estland stammende Dirigent Kristjan Järvi versammelte exzellente junge Musiker aus allen zehn Ostseeanrainern und formte mit seiner Energie, seiner Musikalität seiner Begeisterung für die Kultur rund um „das Mittelmeer des Nordens“ einen neuen innovativen Klangkörper, dessen Markenzeichen komplett auswendig gespielte Konzerte sind. Von Peenemünde aus eroberte das Orchester inzwischen ganz Europa und ist zu einem Botschafter Usedoms in den Konzertsälen der Welt geworden.
Das Usedomer Musikfestival umfasst neben dem dreiwöchigen Stammfestival im September und Oktober, auch noch die Usedomer Literaturtage im Frühjahr und die bundesweiten Internationalen Tage Jüdischer Musik.
Inzwischen zieht das Usedomer Musikfestival bis zu vierzehntausend Gäste pro Jahr aus dem In- und Ausland an und strahlt – auch durch die Rundfunkübertragungen seiner Konzerte – weit in die Welt aus.